An die Galater 5:1-26

5  Für eine solche Freiheit hat Christus uns frei gemacht. Deshalb bleibt standhaft+ und lasst euch nicht wieder in ein Joch der Sklaverei spannen.+  Seht! Ich, Paulus, sage euch, dass Christus euch nichts nützen wird, wenn ihr euch beschneiden lasst.+  Ich bezeuge noch einmal jedem Menschen, der sich beschneiden lässt, dass er verpflichtet ist, das ganze Gesetz zu halten.+  Ihr seid von Christus getrennt, ihr, die ihr versucht, durch Gesetz für gerecht erklärt zu werden.+ Ihr habt seine unverdiente Güte verloren.  Wir aber erwarten durch den Geist sehnsüchtig die erhoffte Gerechtigkeit* als Folge des Glaubens.  Denn wenn man mit Christus Jesus verbunden ist, hat weder Beschneidung noch Unbeschnittenheit irgendeinen Wert,+ vielmehr ist es Glaube, der durch Liebe wirkt.  Ihr seid gut gelaufen.+ Wer hat euch daran gehindert, der Wahrheit weiter zu gehorchen?  Diese Art Argumentation stammt nicht von dem, der euch beruft.  Ein wenig Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig.+ 10  Ich bin zuversichtlich, dass ihr, die ihr mit dem Herrn verbunden seid,+ nicht anders denken werdet. Doch wer immer euch durcheinanderbringt,+ wird das Urteil bekommen, das er verdient. 11  Was mich betrifft, Brüder, wenn ich immer noch die Beschneidung predige, warum werde ich dann noch verfolgt? In dem Fall wäre ja der Marterpfahl als Stolperstein+ beseitigt. 12  Ich wünschte, die Männer, die euch beunruhigen wollen, würden sich entmannen. 13  Brüder, ihr seid zur Freiheit berufen worden. Gebraucht diese Freiheit aber nicht dazu, sündigen Wünschen nachzugehen,+ sondern dient einander in Liebe wie Sklaven.+ 14  Denn das ganze Gesetz findet seine Erfüllung in einem einzigen Gebot. Es lautet: „Du sollst deinen Mitmenschen* lieben wie dich selbst.“+ 15  Wenn ihr euch aber ständig gegenseitig beißt und verschlingt,+ passt auf, dass ihr euch nicht gegenseitig vernichtet.+ 16  Ich sage aber: Lasst euch immer vom Geist leiten,+ dann werdet ihr sündigen Wünschen* keinesfalls nachgeben.+ 17  Denn die sündige Natur mit ihrem Verlangen steht im Widerspruch zum Geist und der Geist zur sündigen Natur. Sie sind einander entgegengesetzt, sodass ihr genau das nicht tut, was ihr tun wollt.+ 18  Außerdem untersteht ihr nicht dem Gesetz, wenn ihr euch vom Geist leiten lasst. 19  Nun sind die Auswirkungen der sündigen Natur deutlich zu erkennen. Es sind sexuelle Unmoral,+ Unreinheit, dreistes Verhalten,+ 20  Götzendienst, Spiritismus,+ Feindseligkeit, Streit,+ Eifersucht,+ Wutausbrüche, Uneinigkeiten, Spaltungen, Sekten,+ 21  Neid, Trunkenheit,+ wilde Partys und dergleichen.+ Davor warne ich euch im Voraus, wie ich euch schon gewarnt habe. Wer so etwas treibt, wird Gottes Königreich nicht erben.+ 22  Die Frucht,+ die der Geist hervorbringt, dagegen ist Liebe, Freude,+ Frieden,+ Geduld, Freundlichkeit, Güte,+ Glaube, 23  Milde, Selbstbeherrschung.+ So etwas verbietet kein Gesetz. 24  Außerdem haben die, die zu Christus Jesus gehören, die sündige Natur mit ihren Leidenschaften und Wünschen an den Pfahl genagelt.+ 25  Wenn wir durch den Geist leben, dann wollen wir auch weiter durch den Geist einen ordentlichen Lebenswandel führen.+ 26  Wir wollen nicht egoistisch werden,+ nicht miteinander wetteifern+ oder uns gegenseitig beneiden.

Fußnoten

Wtl. „Hoffnung auf Gerechtigkeit“.
Wtl. „Nächsten“.
Wtl. „der Begierde des Fleisches“.

Studienanmerkungen

Für eine solche Freiheit hat Christus uns frei gemacht: Oder „Mit ihrer Freiheit hat Christus uns frei gemacht“. Paulus verwendet im Galaterbrief wiederholt die griechischen Wörter für „Freiheit“ und „frei“ und betont so die „Freiheit …, die wir dank Jesus Christus haben“ (Gal 2:4). Er stellt diese Freiheit der im vorangehenden Kapitel beschriebenen Sklaverei gegenüber. Die Übersetzungsvariante „mit ihrer Freiheit“ hebt hervor, dass nur Kinder des „Jerusalem oben“ – der „freien Frau“ – eine solche Freiheit genießen (Gal 4:26).

ein Joch der Sklaverei: Das mosaische Gesetz war heilig und gerecht (Rö 7:12). Unvollkommene Menschen konnten es nicht vollkommen einhalten. Da das Gesetz jeden als Sünder und als Sklaven der Sünde verurteilte, würden sich Christen, die zum Gesetz zurückkehrten, „wieder in ein Joch der Sklaverei spannen“ lassen. Das Loskaufsopfer Christi hatte von diesem „Joch“ befreit (Apg 15:10; Gal 5:1-6; siehe Worterklärungen zu „Joch“).

Ihr seid gut gelaufen: Paulus vergleicht den christlichen Lebensweg, den die Galater eingeschlagen hatten, mit einem Wettlauf. Ähnliche Wortbilder gebraucht er in seinen Briefen mehrfach. (Vgl. Gal 2:2; siehe Anm. zu 1Ko 9:24.) In der Bibel findet man häufig das Bild vom Gehen oder Laufen, wenn es um eine bestimmte Lebensweise geht (1Mo 5:22; 6:9; Eph 5:2).

Sauerteig: Oder „Hefe“. (Siehe Worterklärungen und Anm. zu 1Ko 5:6.)

durchsäuert: Oder „durchdringt“, „beeinflusst“. Das griechische Verb zymóō („durchsäuern“) ist mit dem Substantiv zýmē („Sauerteig“) verwandt, das ebenfalls in diesem Vers vorkommt. Die Wendung „Ein wenig Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig“ hatte offensichtlich Sprichwortcharakter; Paulus gebraucht sie auch in 1Ko 5:6. Er wollte damit sagen, dass falsche Lehrer mit ihren Lehren eine ganze Versammlung negativ beeinflussen können (in diesem Fall ging es um die Beschneidung).

der Marterpfahl als Stolperstein: Durch Jesu Tod am Marterpfahl war das mosaische Gesetz abgeschafft worden. Paulus und andere Christen verkündeten, dass man nur durch Glauben an Jesu Opfer gerettet werden kann (Kol 2:13, 14; siehe Anm. zu Gal 5:1). Für Juden, die glaubten, man müsse beschnitten sein und sich an das Gesetz halten, um Gottes Anerkennung zu haben, war diese Botschaft ein „Stolperstein“ – sie nahmen daran Anstoß. (Siehe Anm. zu 1Ko 1:23.)

Marterpfahl: Oder „Hinrichtungspfahl“. (Siehe Anm. zu 1Ko 1:17.)

Stolperstein: Oder „Ärgernis“. (Siehe Anm. zu Mat 13:57; 18:7.)

sich entmannen: Oder „sich kastrieren“, „Eunuchen werden“. Wtl. „sich abschlagen“. Diese drastische, geradezu sarkastische Aussage ist nicht buchstäblich, sondern als Hyperbel aufzufassen. Hätten sich diese Leute buchstäblich zu Eunuchen gemacht, wären sie vor dem Gesetz, für das sie so entschieden eintraten, untauglich geworden (5Mo 23:1; siehe Worterklärungen zu „Eunuch“). Manche Bibelkommentatoren vermuten, Paulus habe hier auf die Kastrationsriten heidnischer Völker angespielt und die Verfechter der Beschneidung mit Götzenanbetern auf eine Stufe gestellt.

ihr seid zur Freiheit berufen worden: Sündigen Wünschen nachzugeben wäre ein Missbrauch der christlichen Freiheit; Paulus warnt davor (Gal 2:4; 4:24-31). Christen, die ihre Freiheit schätzen, beachten den Rat: „Dient einander in Liebe wie Sklaven.“ Sie setzen sich demütig für andere ein. (Siehe Anm. zu Gal 5:114.)

nicht dazu, sündigen Wünschen nachzugehen: Wtl. „nicht als Anlass für das Fleisch“. Im Griechischen erscheint in dieser Passage häufig das Wort sarx („Fleisch“), womit die sündige Natur des Menschen gemeint ist (Gal 5:16-19; siehe Anm. zu Gal 5:19).

dient einander in Liebe wie Sklaven: Paulus legt Christen ans Herz, keine eigennützigen Ziele zu verfolgen, sondern ihren Glaubensbrüdern aus Liebe zu dienen. Das griechische Verb für „wie ein Sklave dienen“ beinhaltet den Gedanken, sein Gegenüber so respektvoll und würdevoll zu behandeln wie ein Sklave seinen Herrn. Man könnte den Satzteil auch mit „dient einander in Demut“ wiedergeben.

findet seine Erfüllung: Die griechische Wendung könnte man auch mit „ist zusammengefasst“ übersetzen, wie es in einigen deutschen Bibeln der Fall ist. Wer Liebe zeigt, erfüllt das Gesetz, denn das ganze Gesetz ist auf Liebe aufgebaut. Im vorliegenden Vers zitiert Paulus das Gebot aus 3Mo 19:18. Dasselbe Zitat verwendet er auch in Rö 13:9, wo er schreibt: „Alle anderen Gebote, die es gibt, sind in den Worten zusammengefasst: ‚Du sollst deinen Mitmenschen lieben wie dich selbst.‘“

Lasst euch immer vom Geist leiten: Hier ist gemeint, dass man sich um Anleitung durch Gottes Geist bemüht und das Denken und Handeln vom Geist beeinflussen lässt. Wenn sündige Wünsche aufkommen, hängt man ihnen nicht nach, sondern weist sie sofort zurück. So schafft man es, sie nicht auszuleben (Rö 8:4-6; Jak 1:14, 15). Diese Lebensweise stellt Paulus einer Lebensweise gegenüber, die von sündigen Wünschen geprägt ist.

die sündige Natur … der Geist: In diesem Kapitel zeichnet Paulus das Bild eines ständigen Kampfes zwischen der „sündigen Natur“ (wtl. „Fleisch“) und dem „Geist“, d. h. Gottes heiligem Geist. Mit dem „Geist“ könnte außerdem auch der innere Antrieb eines Menschen gemeint sein, der sich vom heiligen Geist leiten lässt. (Siehe Worterklärungen zu „Geist“.) Gottes Geist lenkt seine Diener in Richtung Gerechtigkeit, doch die sündige Natur zieht ständig in die entgegengesetzte Richtung. In Gal 5:19-23 werden die Auswirkungen der sündigen Natur den Eigenschaften gegenübergestellt, die der heilige Geist hervorbringt. (Vgl. Rö 7:18-20.)

die Auswirkungen der sündigen Natur: Wtl. „die Werke des Fleisches“. In den vorangehenden Versen beschreibt Paulus den ständigen Kampf zwischen der „sündigen Natur“ und dem „Geist“ (Gal 5:13, 17). In Vers 19-21 zählt er 15 Auswirkungen der sündigen Natur auf. (Siehe Anm. zu Mat 26:41; Gal 5:13, 17.) Dabei handelt es sich um Denk- und Verhaltensmuster von Menschen, die ihren unvollkommenen Neigungen freien Lauf lassen (Rö 1:24, 28; 7:21-25). Am Ende der Aufzählung schreibt Paulus: „und dergleichen“, was anzeigt, dass er nicht jede denkbare Auswirkung der sündigen Natur auflistet. (Siehe Anm. zu Gal 5:21.)

sexuelle Unmoral: In der Bibel ist das griechische Wort pornéia ein Oberbegriff für bestimmte sexuelle Handlungen, die Gott verboten hat. Wörterbücher definieren pornéia folgendermaßen: „Prostitution“, „unmoralische sexuelle Handlungen“, „außerehelicher Geschlechtsverkehr“, „jede Art illegitimer Geschlechtsverkehr“. Dazu gehören nicht nur Prostitution, Ehebruch und sexuelle Handlungen zwischen Personen, die nicht miteinander verheiratet sind, sondern auch homosexuelle Handlungen und sexuelle Handlungen mit Tieren (Sodomie) – alles Taten, die in der Bibel verurteilt werden (3Mo 18:6, 22, 23; 20:15, 16; 1Ko 6:9; siehe Worterklärungen). Jesus erwähnte sexuelle Unmoral in einem Atemzug mit Mord, Diebstahl und Gotteslästerung; das zeigt, wie schlimm pornéia ist (Mat 15:19, 20; Mar 7:21-23).

Unreinheit: Oder „Schmutz“, „Verdorbenheit“, „Unmoral“. Von den drei Begriffen, die in diesem Vers als Auswirkungen der sündigen Natur aufgezählt werden, hat „Unreinheit“ (griechisch akatharsía) das breiteste Bedeutungsspektrum. Das Wort akatharsía kommt in den Christlichen Griechischen Schriften zehn Mal vor. Damit kann etwas buchstäblich Unreines oder Schmutziges gemeint sein (Mat 23:27). Es kann sich aber auch auf Unreinheit in übertragenem Sinn beziehen, unter anderem auf dem Gebiet der Sprache, des Verhaltens, der Sexualität oder der Religion, z. B. wenn es um die Anbetung falscher Götter geht (Rö 1:24; 6:19; 2Ko 6:17; 12:21; Eph 4:19; 5:3; Kol 3:5; 1Th 2:3; 4:7). Mit „Unreinheit“ können verschiedene Arten von Fehlverhalten mit unterschiedlichem Schweregrad bezeichnet werden. (Siehe Anm. zu Eph 4:19.) Das Wort betont, wie abstoßend das falsche Verhalten oder der daraus resultierende Zustand auf moralischer Ebene ist. (Siehe Worterklärungen zu „Unrein“.)

dreistes Verhalten: Oder „schamloses Verhalten“. Das entsprechende griechische Wort (asélgeia) bezeichnet ein Verhalten, das ein schwerer Verstoß gegen Gottes Gesetz ist und von einer unverschämten, respektlosen Einstellung oder von dreister Verachtung zeugt. Das Wort asélgeia kommt in den Christlichen Griechischen Schriften zehn Mal vor (Mar 7:22; Rö 13:13; 2Ko 12:21; Gal 5:19; Eph 4:19; 1Pe 4:3; 2Pe 2:2, 7, 18; Jud 4). Nach einem Wörterbuch handelt es sich um „Zügellosigkeit“, „Frechheit“, „Ausschweifung“, „Lüsternheit“, und zwar hemmungslos und ohne moralische Bedenken. Der jüdische Historiker Josephus verwendet asélgeia im Zusammenhang mit der heidnischen Königin Isebel, die die Frechheit besaß, in Israel einen Tempel für Baal zu bauen – ein öffentliches Ärgernis und ein skandalöser Verstoß gegen den Anstand (Jüdische Altertümer, 8. Buch, Kap. 13, Abs. 1; siehe Worterklärungen).

Spiritismus: Oder „Zauberei“, „Okkultismus“, „Drogengebrauch“. Das entsprechende griechische Wort pharmakía (pharmakéia) bezeichnete ursprünglich den Gebrauch von Arznei- oder Rauschmitteln. In der Antike rief man unter Drogeneinfluss die Dämonen an, um Zauberkräfte zu erlangen. Offensichtlich wurde pharmakía deshalb im Lauf der Zeit mit Spiritismus, Magie und Okkultismus in Verbindung gebracht. In der Septuaginta werden mit dem griechischen Ausdruck die hebräischen Wörter für „magische Künste“, „Geheimkünste“ und „Zaubereien“ wiedergegeben (2Mo 7:11, 22; 8:7, 18; Jes 47:9, 12). Da Paulus das Wort pharmakía direkt nach Götzendienst aufführt, liegt der Schluss nahe, dass er es im Sinn von „Okkultismus“ verwendet. (Siehe Worterklärungen zu „Götze; Götzendienst“.) Das verwandte Substantiv pharmakós (phármakos) ist in Off 21:8 mit „die, die … Spiritismus praktizieren“ übersetzt (Off 22:15; siehe Worterklärungen).

Eifersucht: Das entsprechende griechische Wort zḗlos meint eine starke Emotion, die positiv oder negativ sein kann. Paulus zählt die Eifersucht zu den „Auswirkungen der sündigen Natur“. Hier handelt es sich also um ein negatives Gefühl, das man gegenüber Personen empfindet, die man als Konkurrenz wahrnimmt oder die scheinbar im Vorteil sind. Vor dieser Art Eifersucht wurden die ersten Christen deutlich gewarnt (1Ko 3:3; 2Ko 12:20; Jak 3:14, 16; sieheAnm. zu 1Ko 13:4).

Wutausbrüche: Oder „Wutanfälle“. Paulus verwendet hier die Pluralform des griechischen Wortes für „Wut“. Der Ausdruck meint sowohl spontane Wutausbrüche als auch solche, bei denen sich aufgestaute Wut entlädt. Wutausbrüche werden in einem Atemzug mit anderen abstoßenden Auswirkungen der sündigen Natur genannt, wie sexuelle Unmoral, dreistes Verhalten, Götzendienst, Spiritismus und Trunkenheit.

Sekten: Siehe Anm. zu Apg 24:5.

wilde Partys: Siehe Anm. zu Rö 13:13.

und dergleichen: Dieser Ausdruck macht deutlich, dass Paulus nicht sämtliche „Auswirkungen der sündigen Natur“ auflistet. (Siehe Anm. zu Gal 5:19.) Am Ende von 1Ti 1:10 verwendet er eine ähnliche Formulierung. Die Christen in Galatien mussten ihr „Wahrnehmungsvermögen“ gebrauchen, um ähnliche sündige Neigungen und Verhaltensweisen zu erkennen (Heb 5:14). Zum Beispiel wird böswillige Verleumdung nicht konkret als Auswirkung der sündigen Natur aufgezählt, geht aber oft mit Feindseligkeit, Streit, Eifersucht, Wutausbrüchen und Uneinigkeiten einher (Gal 5:20). Wer den Auswirkungen der sündigen Natur – ob hier ausdrücklich genannt oder nicht – freien Lauf lässt und dies nicht bereut, wird Gottes Königreich und dessen Segnungen nicht erleben.

Die Frucht, die der Geist hervorbringt: Wtl. „die Frucht des Geistes“. Das griechische Wort karpós („Frucht“, „Ertrag“), das häufig in der Bibel vorkommt, ist ein Begriff aus der Landwirtschaft. Hier steht es übertragen für Eigenschaften, die der heilige Geist (Gottes aktive Kraft) in Menschen wachsen lässt (Gal 5:16). Genauso wie ein Baum Frucht trägt, wenn er gepflegt wird, so bringt ein Mensch „die Frucht des Geistes“ hervor, wenn er sich im Denken und Handeln von Gottes Geist leiten lässt. (Vgl. Ps 1:1-3.) Er spiegelt die Persönlichkeit Jehovas wider, von dem der heilige Geist stammt (Kol 3:9, 10). Bei den hier aufgezählten Eigenschaften handelt es sich nur um eine Auswahl; es gibt noch mehr Eigenschaften, die der Geist in Christen hervorbringt. (Siehe Anm. zu Gal 5:23.) In ihrer Gesamtheit machen sie die „neue Persönlichkeit“ aus (Eph 4:24). Paulus verwendet das Wort karpós („Frucht“) im Singular. Bibelkommentatoren zufolge könnte das darauf hindeuten, dass die aufgezählten Eigenschaften ein Ganzes bilden. Sie existieren nicht unabhängig voneinander – alle müssen gefördert werden.

Liebe: Christliche Liebe (griechisch agápē) kann am besten definiert werden, wenn man beschreibt, wie sie sich äußert; Paulus tut das in 1Ko 13:4-8. (Siehe Anm. zu 1Ko 13:4.) Johannes verwendet dasselbe griechische Wort in 1Jo 4:8-10, wo er von der „Liebe Gottes“ spricht. Er schreibt dort sogar: „Gott ist Liebe.“ Jehova ist also die Liebe in Person. (Siehe Anm. zu Joh 3:16.) Gott zu lieben und seine Mitmenschen zu lieben sind laut Jesus die beiden wichtigsten Gebote (Mat 22:37-39; siehe Anm. zu Mat 22:37).

Freude: Das schöne Gefühl, das man hat, wenn man etwas Gutes erhält oder erwartet; ein Zustand, in dem man wirklich glücklich ist. Das griechische Wort für „Freude“ meint ein tief im Innern empfundenes Glücksgefühl. Jehova ist „der glückliche Gott“ – er ist der Ursprung der Freude und möchte, dass seine Diener glücklich sind (1Ti 1:11). Durch die Hilfe des heiligen Geistes kann ein Christ selbst bei Schwierigkeiten, Trauer oder Verfolgung Freude verspüren (Kol 1:11; Heb 12:2; Jak 1:2-4).

Frieden: Das griechische Wort für „Frieden“ hat ein breites Bedeutungsspektrum. Hier ist damit die innere Ruhe und Gelassenheit gemeint, die einem engen Verhältnis zu Jehova entspringt, „dem Gott des Friedens“ (Php 4:9; 1Th 5:23; Heb 13:20; siehe Anm. zu 1Ko 14:33). Frieden wird oft in Zusammenhang mit dem heiligen Geist erwähnt (Apg 9:31; Rö 8:6; 15:13). Wer Frieden mit Gott hat, kann mithilfe des heiligen Geistes Harmonie, Einheit und gute Beziehungen zu anderen fördern (Mat 5:9; 2Ko 13:11; Jak 3:18).

Geduld: Wtl. „Langmut“. Das entsprechende griechische Wort vermittelt das Bild von jemandem, der einen „langen Atem“ hat. Gemeint ist ein ruhiges, nachsichtiges Ertragen oder Abwarten, ohne die Fassung zu verlieren. Jehova ist das beste Beispiel für Geduld (Rö 2:4; 9:22; 1Ti 1:16; 1Pe 3:20; 2Pe 3:9, 15). Paulus zählt Geduld zu den Hauptmerkmalen der christlichen Liebe (1Ko 13:4; siehe Anh. A2).

Freundlichkeit: Wer freundlich ist, möchte, dass es anderen gut geht; er ist hilfsbereit und entgegenkommend. Jehova Gott ist sogar zu undankbaren und schlechten Menschen freundlich (Luk 6:35; Rö 2:4; 11:22; Tit 3:4, 5). Mit dem dazugehörigen griechischen Adjektiv wird das Joch beschrieben, das Nachfolger Christi auf sich nehmen. Es ist „sanft“ bzw. „angenehm zu tragen“ (Mat 11:30, Fn.). Christen werden aufgefordert, sich mit Freundlichkeit zu kleiden (Eph 4:32; Kol 3:12, Fn.).

Güte: Oder „Gutsein“, „gut zu sein“. Wer gut ist, hält sich an höchste moralische Werte. Das entsprechende griechische Wort wird in einem Fachwörterbuch als innere Haltung beschrieben, „die besonders von aktivem Interesse an anderen gekennzeichnet ist“. Für Christen reicht es nicht aus, einfach nur gut zu sein, sie müssen auch Gutes tun. Sie können trotz ihrer Unvollkommenheit Güte entwickeln, indem sie Jehovas Geboten folgen und seine Güte und Großzügigkeit nachahmen (Apg 9:36, 39; 16:14, 15; Rö 7:18; Eph 5:1). Jehova ist in absolutem Sinn gut (Ps 25:8; Sach 9:17; Mar 10:18 und Anm.). Er ist unvergleichlich großzügig und rücksichtsvoll (Apg 14:17).

Glaube: Das entsprechende griechische Wort (pístis) hat die Grundbedeutung „Vertrauen“, „Zuversicht“, „starke Überzeugung“. In Heb 11:1 findet man eine von Gott eingegebene Definition von Glauben. Wie die Liebe zeigt sich der Glaube durch Taten (Jak 2:18, 22; siehe Anm. zu Joh 3:16). Gemäß der Bibel sollte der Glaube eines Christen immer stärker werden. Entsprechend baten die Jünger Jesus: „Gib uns mehr Glauben“ (Luk 17:5). Paulus lobte die Christen in Thessalonich mit den Worten: „Euer Glaube wächst außerordentlich“ (2Th 1:3; siehe auch 2Ko 10:15). Das Wort pístis kommt im Galaterbrief über 20 Mal vor und meint – wie in diesem Vers – meistens das Vertrauen auf Gott und Christus (Gal 3:6, 11). „Nicht alle Menschen besitzen Glauben“, heißt es in 2Th 3:2. Um einen starken Glauben zu entwickeln, braucht man Jehovas heiligen Geist.

Milde: Gelassenheit und Friedlichkeit, die sich im Verhältnis zu Gott und im Umgang mit anderen zeigt (Gal 6:1; Eph 4:1-3; Kol 3:12). Da Milde eine Eigenschaft ist, die Gottes Geist hervorbringt, kann man sie nicht durch reine Willenskraft entwickeln, sondern dadurch, dass man seine Freundschaft zu Gott vertieft, ihn um seinen Geist bittet und sich davon leiten lässt. Ein milder Mensch ist kein Feigling oder Schwächling. Das griechische Wort für „Milde“ (praýtēs) bezeichnet eine innere Stärke oder Kraft, die von Sanftheit beherrscht und gelenkt wird. Mit dem entsprechenden Adjektiv praýs wird ausgedrückt, dass jemand ein „mildes Wesen“ oder einen „sanften Geist“ hat (Mat 21:5; 1Pe 3:4). Jesus bezeichnete sich selbst als mild (Mat 11:29), und er war auf keinen Fall schwach. (Siehe Mat 5:5 und Anm.)

Selbstbeherrschung: Das hier verwendete griechische Wort kommt in den Christlichen Griechischen Schriften vier Mal vor (Apg 24:25; 2Pe 1:6). Selbstbeherrschung wird definiert als „die Kontrolle über die eigenen Gefühle, Wünsche und Triebe“. In 1Ko 9:25 verwendet Paulus das entsprechende griechische Verb (siehe Anm.) und schreibt: „Auch übt jeder, der an einem Wettkampf teilnimmt, in allem Selbstbeherrschung.“ In der Septuaginta erscheint das Verb in 1Mo 43:31. Dort heißt es über Joseph: „Er hatte sich nun wieder im Griff.“ Das damit wiedergegebene hebräische Verb steht auch in Jes 42:14, wo Jehova sagt: „Ich … beherrschte mich.“ Anstatt sofort gegen schlechte Menschen vorzugehen, räumt Jehova ihnen Zeit ein, sich zu ändern und seine Gunst zu erlangen (Jer 18:7-10; 2Pe 3:9).

So etwas verbietet kein Gesetz: Es gibt kein Gesetz, das die Eigenschaften, die Gottes Geist hervorbringt, in irgendeiner Form einschränkt. Alle diese Eigenschaften stimmen mit dem Gesetz der Liebe überein, das im mosaischen Gesetz (3Mo 19:18; 5Mo 6:5) und im „Gesetz des Christus“ verankert ist (Gal 6:2; Joh 13:34). Der Ausdruck „so etwas“ zeigt an, dass „die Frucht, die der Geist hervorbringt“ nicht auf die hier aufgezählten neun Eigenschaften begrenzt ist. Zur christlichen Persönlichkeit gehören noch weitere Eigenschaften, die alle unter der Einwirkung des heiligen Geistes ausgeprägt werden (Eph 4:24, 32; 5:9; Kol 3:12-15; Jak 3:17, 18).

an den Pfahl genagelt: In den Evangelien wird das entsprechende griechische Verb stauróō für die Hinrichtung Jesu verwendet. Paulus gebraucht es hier als Sprachbild. (Vgl. Anm. zu Rö 6:6.) Er macht damit deutlich, dass Nachfolger Christi entschieden handeln müssen, um die sündige Natur (wtl. „das Fleisch“) zu besiegen. Beherrscht ein Christ sündige „Leidenschaften und Wünsche“, haben sie keine Macht mehr über ihn – er hat sie sozusagen hingerichtet (Gal 5:16). Was Paulus hier schreibt, schließt sich an die vorangehenden Verse an, wo er Christen ans Herz legt, energisch gegen die „Auswirkungen der sündigen Natur“ vorzugehen (Gal 5:19-21).

Wir wollen nicht egoistisch werden: Nach der Gegenüberstellung der „Auswirkungen der sündigen Natur“ und der „Frucht, die der Geist hervorbringt“ warnt Paulus vor Egoismus (Gal 5:19-23). Das mit „egoistisch“ übersetzte griechische Wort (kenódoxos) vermittelt den Gedanken von „prahlerisch“ oder „süchtig nach Ruhm“. Es kommt in den Christlichen Griechischen Schriften nur hier vor. Gemäß einem Fachwörterbuch beschreibt es jemanden, „der sich ein unbegründetes Ansehen zu verschaffen sucht“. Er ist eingebildet und angeberisch, überschätzt sich und will unbedingt gelobt werden, auch wenn er kein Lob verdient. In Php 2:3 wird ein verwandtes Wort mit „Egoismus“ übersetzt.

miteinander wetteifern: Oder „einander herausfordern (provozieren)“. Einem Fachwörterbuch zufolge hat das entsprechende griechische Wort die Bedeutung „jemanden auffordern vorzutreten, und zwar oft in feindseliger Absicht, provokativ, herausfordernd“. Ein anderes Wörterbuch definiert es mit „jemanden zu einem Wettkampf oder Wettbewerb herausfordern“.

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