Zurück zum Inhalt

ERITREA

Wegen ihres Glaubens in Haft – in Eritrea

Wegen ihres Glaubens in Haft – in Eritrea

In Eritrea werden seit vielen Jahren Zeugen Jehovas – darunter Frauen und Ältere – ohne Gerichts­verfahren oder formelle Anklagen wegen ihrer Religions­ausübung und aus anderen nicht genannten Gründen festgenommen und inhaftiert. Durch eine Verordnung des Präsidenten Afwerki vom 25. Oktober 1994 wurde allen Zeugen Jehovas die Staatsbürger­schaft aberkannt, weil sie 1993 beim Unabhängigkeitsreferendum keine Stimme abgegeben hatten und weil sie den Wehrdienst aus Gewissens­gründen verweigern. Bevor der Wehrdienst in Eritrea verpflichtend wurde, hatte es die Möglichkeit gegeben, Zivildienst zu leisten. Viele Zeugen Jehovas hatten unter staatlicher Verwaltung diesen Dienst abgeleistet. Die Behörden bestätigten das durch „Zertifikate für geleisteten Zivildienst“ und lobten die Zivildienstleistenden oft für ihre Arbeit. Auf Grundlage der Verordnung des Präsidenten werden Zeugen Jehovas nun jedoch von staatlichen Sicherheits­kräften inhaftiert, gefoltert und schikaniert, weil man sie zwingen will, ihren Glauben aufzugeben.

Zurzeit sind noch 64 Zeugen Jehovas (34 Männer und 30 Frauen) inhaftiert. Am 4. Dezember 2020 wurden 28 Zeugen Jehovas (26 Männer und 2 Frauen) freigelassen, die wegen ihres Glaubens zwischen 5 und 26 Jahren inhaftiert gewesen waren. Ein Zeuge Jehovas wurde am 29. Januar 2021 nach 12 Jahren aus der Haft entlassen und 3 weitere (ein Mann und 2 Frauen) am 1. Februar 2021. Sie waren zwischen 4 und 9 Jahren inhaftiert gewesen.

Zeugen Jehovas sterben aufgrund harter Haftbedingungen

4 Zeugen Jehovas sind während ihrer Haft in Eritrea verstorben und 3 ältere Zeugen Jehovas starben nach ihrer Entlassung an den Folgen harter Haftbedingungen.

Im Jahr 2018 starben 2 Zeugen Jehovas nach ihrer Verlegung ins Gefängnis Mai Serwa: Habtemichael Tesfamariam starb am 3. Januar im Alter von 76 Jahren und Habtemichael Mekonen starb am 6. März im Alter von 77 Jahren. Beide Männer waren seit 2008 ohne Anklage inhaftiert gewesen.

2011 und 2012 starben 2 Zeugen Jehovas aufgrund unmenschlicher Behandlung im Gefangenenlager Meitir. Der 62-jährige Misghina Gebretinsae starb im Juli 2011, weil er im sogenannten „Untergrund“, einem speziellen Bereich für die Bestrafung Gefangener, extremer Hitze ausgesetzt worden war. Yohannes Haile verstarb am 16. August 2012 im Alter von 68 Jahren, nachdem er in diesem Lager fast vier Jahre lang unter ähnlichen Bedingungen inhaftiert gewesen war. 3 ältere Zeugen Jehovas, Kahsai Mekonnen, Goitom Gebrekristos und Tsehaye Tesfariam, starben nach ihrer Entlassung infolge der Bedingungen, denen sie während ihrer Haft im Gefangenenlager Meitir ausgesetzt waren.

Empfehlungen von bedeutenden Menschenrechts­organisationen werden ignoriert

Eritrea ignoriert weiterhin internationale Menschenrechts­standards. Bedeutende Menschenrechts­organisationen haben diese Verletzung von Grundrechten verurteilt und fordern Eritrea weiterhin dringend auf, Missstände zu beheben.

Der UN-Menschenrechtsrat begrüßte 2014 den Bericht des Sonder­bericht­erstatters über Menschenrechte in Eritrea, der die Behörden dringend dazu auffordert, das Recht auf Wehrdienst­verweigerung aus Gewissens­gründen „in Übereinstimmung mit internationalen Normen“ zu respektieren sowie „die körperliche Unversehrtheit aller Inhaftierten zu gewährleisten, den Zugang zu medizinischer Versorgung für alle, die sie benötigen, sicherzustellen … und die Haftbedingungen in Übereinstimmung mit internationalen Standards zu verbessern“. 2015 forderte der UN-Menschenrechtsrat in einer Resolution die Regierung Eritreas auf, „die Wehrdienst­verweigerung aus Gewissens­gründen zu ermöglichen“.

Die UN-Untersuchungs­kommission für Menschenrechts­verletzungen in Eritrea stellte 2016 fest, dass die Regierung Eritreas ein „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ begangen hat, indem sie „aus religiösen und ethnischen Gründen“ Jehovas Zeugen und andere verfolgt hat.

Der Afrikanische Sachverständigenausschuss für die Rechte und das Wohlergehen des Kindes (ACERWC) brachte 2017 seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass „Kindern von Zeugen Jehovas“ der Rechtsschutz verwehrt wird und sie unmenschlich behandelt werden. Der ACERWC empfahl Eritrea, „das Recht von Kindern auf Gedanken-, Gewissens- und Religions­freiheit ohne Diskriminierung anzuerkennen und vollständig umzusetzen“.

Die Afrikanische Kommission für Menschen- und Völkerrechte empfahl Eritrea 2018, „dringend Maßnahmen zu ergreifen, weil allen Inhaftierten, einschließlich … Zeugen Jehovas, Grundrechte verwehrt werden“. Die Kommission forderte eine Untersuchung der Todesfälle von inhaftierten Zeugen Jehovas und betonte, Eritrea müsse sicherstellen, dass Zeugen Jehovas „ihre Bürgerrechte behalten“.

Der UN-Menschenrechts­ausschuss (CCPR) drängte Eritrea im Mai 2019, echte Religions- bzw. Glaubensfreiheit zu garantieren und „alle Personen, einschließlich Zeugen Jehovas, freizulassen, die wegen Ausübung ihres Glaubens festgenommen oder inhaftiert wurden.“ Der CCPR forderte Eritrea auch auf, „die rechtliche Anerkennung von Wehrdienst­verweigerung aus Gewissens­gründen zu gewährleisten und einen Zivildienst für Wehrdienst­verweigerer aus Gewissens­gründen zu ermöglichen“.

In einem Bericht vom 12. Mai 2021 forderte der UN-Sonder­bericht­erstatter die Regierung Eritreas auf, „unverzüglich und bedingungslos alle freizulassen, die ohne Anklage oder Gerichts­verfahren wegen ihres Glaubens inhaftiert sind, einschließlich der 20 Zeugen Jehovas“. Die Regierung sollte außerdem „die Entziehung der Staatsbürger­schaft von Zeugen Jehovas aufgrund ihrer Religions­zugehörigkeit überdenken und gemäß der Empfehlung der Afrikanischen Kommission für Menschen- und Völkerrechte den Zeugen Jehovas wieder ihre Bürgerrechte verleihen sowie die Todesfälle von inhaftierten Zeugen Jehovas untersuchen.“

Freiheitsstrafen von unbestimmter Dauer

Die meisten Männer unter den Zeugen Jehovas im Gefängnis sind auf unbestimmte Zeit inhaftiert und können nicht mit einer Entlassung rechnen, bevor sie dem Tod nahe sind oder sterben. Da für sie keine Möglichkeit besteht, Rechtsmittel einzulegen, verbüßen sie faktisch eine lebenslange Freiheitsstrafe.

Rückblick

  1. 17. Oktober 2024

    Insgesamt sind 64 Zeugen Jehovas in Haft.

  2. 1. Februar 2021

    3 Zeugen Jehovas werden aus der Haft entlassen.

  3. 29. Januar 2021

    Ein Zeuge Jehovas wird aus der Haft entlassen.

  4. 4. Dezember 2020

    28 Zeugen Jehovas werden aus der Haft entlassen.

  5. 6. März 2018

    Habtemichael Mekonen verstirbt im Alter von 77 Jahren nach seiner Verlegung in das Gefängnis Mai Serwa.

  6. 3. Januar 2018

    Habtemichael Tesfamariam verstirbt im Alter von 76 Jahren nach seiner Verlegung in das Gefängnis Mai Serwa.

  7. Juli 2017

    Alle Zeugen Jehovas im Gefangenenlager Meitir werden in das Gefängnis Mai Serwa außerhalb von Asmara verlegt.

  8. 25. Juli 2014

    Die meisten der Zeugen Jehovas, die am 14. April festgenommen wurden, sind wieder frei; 20, die am 27. April festgenommen wurden, sind immer noch inhaftiert.

  9. 27. April 2014

    31 Zeugen Jehovas werden während eines Gottesdienstes festgenommen.

  10. 14. April 2014

    Über 90 Zeugen Jehovas werden während der jährlichen Feier zum Gedenken an den Tod Jesu Christi festgenommen.

  11. 16. August 2012

    Yohannes Haile verstirbt im Alter von 68 Jahren unter extremen Haftbedingungen.

  12. Juli 2011

    Misghina Gebretinsae verstirbt im Alter von 62 Jahren unter extremen Haftbedingungen.

  13. 28. Juni 2009

    Bei einer Razzia in der Privatwohnung eines Zeugen Jehovas werden alle anwesenden 23 Zeugen Jehovas im Alter von 2 bis 80 Jahren festgenommen, die sich dort zu einem Gottesdienst versammelt haben.

  14. 28. April 2009

    Mit einer Ausnahme werden alle Zeugen Jehovas, die sich in Polizeigewahrsam befinden, ins Gefangenenlager Meitir verlegt.

  15. 8. Juli 2008

    24 Zeugen Jehovas werden bei Razzien in ihren Wohnungen und am Arbeitsplatz festgenommen; die meisten von ihnen sind Ernährer ihrer Familie.

  16. Mai 2002

    Die Regierung verbietet alle religiösen Gruppierungen, die nicht zu den vier staatlich anerkannten Religionen gehören.

  17. 25. Oktober 1994

    Durch eine Verordnung des Präsidenten wird Zeugen Jehovas die Staatsbürger­schaft aberkannt; damit bleiben ihnen auch grundlegende Bürgerrechte verwehrt.

  18. 17. September 1994

    Paulos Eyasu, Isaac Mogos und Negede Teklemariam werden ohne Anklage oder Gerichts­verfahren inhaftiert.

  19. 1950er-Jahre

    In Eritrea werden die ersten Gemeinden von Jehovas Zeugen gegründet.